Das Arbeitsgericht Köln hat in seiner Entscheidung vom 15.04.2021 (8 Ca 7334/20) entschieden, dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen einer behördlich angeordneten häuslichen Quarantäne eines Arbeitnehmers aufgrund der Corona-Pandemie auch außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes regelmäßig rechtsunwirksam ist.
Sachverhalt
Der Beklagte (Arbeitgeber) ist selbstständiger Dachdeckermeister und betreibt einen Dachdeckerbetrieb als Kleinbetrieb mit nicht mehr als zehn Arbeitnehmern im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes. Der Kläger (Arbeitnehmer) ist seit dem 02.06.2020 beim Beklagten als Monteur beschäftigt.
In der zweiten Oktoberhälfte ordnetet das Gesundheitsamt gegenüber dem Arbeitnehmer telefonisch die häusliche Quarantäne, als Kontaktperson einer positiv auf Covid-19 getesteten Person, an. Hierüber informierte der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber. Dieser bezweifelte die Quarantäneanordnung und vermutete, der Arbeitnehmer wolle sich lediglich vor der Arbeitsleistung „drücken“. Er verlangte eine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes. Diese lag dem Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Trotz telefonischer Nachfrage des Arbeitnehmers beim Gesundheitsamt, lag ihm die schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes auch nach mehreren Tagen noch nicht vor. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26.10.2020, das dem Arbeitnehmer am 27.10.2020 zuging. Erst mit Schreiben vom 30.10.2020 erließ die Stadt eine schriftliche Ordnungsverfügung gegenüber dem Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer reichte am 06.11.2020 Kündigungsschutzklage beim ArbG Köln ein.
Entscheidung
Das ArbG Köln gab dem Kläger Recht und stellte die Unwirksamkeit der Kündigung fest.
Zwar fand das Kündigungsschutzgesetz vorliegend keine Anwendung, da es sich um einen Kleinbetrieb handelt und der Kläger noch nicht länger als sechs Monate beim Beklagten beschäftigt war. Es bedurfte daher grundsätzlich keines besonderen Kündigungsgrundes.
Das Gericht sah die Kündigung jedoch als sittenwidrig und treuwidrig an. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts, sind auch bei Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes Beschäftigte jedenfalls vor willkürlichen Kündigungen geschützt. Ein Arbeitgeber hat auch bei Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes bei Ausspruch von Kündigungen ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zu beachten. Willkürliche Kündigungen und Kündigungen, die auf sachfremden Motiven beruhen, verstoßen gegen das Anstandsgefühl der billig und gerecht Denkenden und sind damit auch außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes in den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses bzw. im Kleinbetrieb unzulässig.
Im vorliegenden Fall habe der Arbeitnehmer sich lediglich an die behördliche Quarantäneanordnung gehalten. Erschwerend kam nach Auffassung des Gerichts hinzu, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich aufgefordert hatte, entgegen der Quarantäneanweisung im Betrieb zu erscheinen.
Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.