Das Arbeitsgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 22.10.2020 (11 Ca 2950/20) entschieden, dass eine außerordentliche Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit gerechtfertigt sein kann. Für die Verhältnismäßigkeit bedürfe es in der Regel einer Ankündigungsfrist, einer Begrenzung der Dauer der Kurzarbeit sowie der Umstand, dass der Gekündigte Kurzarbeitergeld erhält.

Sachverhalt

Die Klägerin hatte keine Klausel zur Einführung von Kurzarbeit in ihrem Arbeitsvertrag. Ein Betriebsrat ist bei der Beklagten nicht installiert. Eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit konnte daher nicht geschlossen werden. Die Beklagte hat eine fristlose sowie hilfsweise ordentliche Änderungskündigung ausgesprochen, die die Einführung von Kurzarbeit erlaubte:

  1. Die AG ist berechtigt, für die Zeit vom 18.05.2020 bis voraussichtlich dem 31.12.2020 Kurzarbeit anzuordnen, sofern ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht und der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt ist, und sämtliche weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch von AN auf Kurzarbeitergeld vorliegen (§§ 95 ff. SGB III).
  2. Den Beginn und das Ende der Kurzarbeit sowie die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit während des Zeitraums der Kurzarbeit wird AG unter Wahrung einer Ankündigungsfrist von drei Wochen in Textform AN mitteilen. Die Verteilung der im Zeitraum der Kurzarbeit verbleibenden Arbeitszeit auf die einzelnen Kalendertage sowie die Lage der täglichen Arbeitszeit richten sich nach den betrieblichen Erfordernissen und den Weisungen von AG.
  3. Für den Zeitraum der Kurzarbeit reduziert sich die Vergütung von AN entsprechend der Reduzierung der Arbeitszeit.
  4. Im Übrigen verbleibt es bei den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen.“

Die Klägerin hat die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen und Änderungsschutzklage erhoben.

Entscheidung:

Das Arbeitsgericht Stuttgart hat die Änderungsschutzklage abgewiesen. Die außerordentliche Änderungskündigung war im vorliegenden Fall wirksam. Die Änderungskündigung beinhaltete, die Möglichkeit Kurzarbeit einzuführen und dies auch nur für den Fall, dass die Klägerin die Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld erfülle. Zudem solle die Einführung der Kurzarbeit zeitlich begrenzt sein und eine Ankündigungsfrist von 3 Wochen beinhalten. Da auch entsprechend die Arbeitszeit reduziert worden sei, sei, so das Arbeitsgericht Stuttgart, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur reinen Entgeltreduzierung durch Änderungskündigung sei nicht einschlägig. Längere Kündigungsfristen bei einer ordentlichen Kündigung seien bei der Einführung von Kurzarbeit aufgrund drohendem Zeitablauf für den Arbeitgeber nicht sinnvoll, wenn er das Regelungsinstrumentarium der Kurzarbeit einführen möchte. Dies gelte gerade in der Corona-bedingten Situation, bei der die Schließung der Einrichtungen ohne längere Ankündigung und damit ohne Planbarkeit vollzogen worden sei und die sich unvorhersehbar kurzfristig auf den Arbeitsbedarf ausgewirkt habe. Würde man dies anders sehen, wäre im Ergebnis dem Arbeitgeber die Einführungsmöglichkeit von Kurzarbeit gerade bei längeren Kündigungsfristen sinnvoll ausgeschlossen, obwohl die Kurzarbeit primär den Zweck hat, einen Arbeitsplatzabbau zu verhindern.

 

Es ist zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um eine Einzelfallentscheidung handelt. Nicht jede Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit wird die notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Eine Überprüfung der Änderungskündigung lohnt sich daher.